Aus dem Reisearchiv: In Marokko im Knast

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© Peter Rump - Am Atlantik

1971 reiste unser Verlagsgründer Peter Rump mit einem selbstausgebauten Borgwarth-Kübel nach Marokko. Auf einer Reise kann man viel lernen, auch wie marokkanische Gefängnisse von innen aussehen.

Da hatten wir es bis kurz vor Tan Tan, im äußersten Süden Marokkos, mit dem selbstausgebauten BW-Borgwarth-Kübel geschafft, und dann musste ich mich mit meinem Kumpel Wolfgang zerstreiten. Der schmiss mich hier im Nirgendwo kurzerhand aus seinem Wagen und fuhr allein mit seiner Freundin weiter. Glücklicherweise hielten sich auf dem Rastplatz auch zwei Holländer auf, die mit ihrem Ford Transit auf dem Rückweg waren. Ich konnte mitfahren.

Wir kamen gut voran und hatten bald Essouira erreicht, ein wunderschöner Fischerort am Atlantik. Hier wohnte ein Freund der beiden, und wir konnten bei der Familie einige Tage bleiben. Eines nachts klopften es an der Tür, und ich bekam mit, dass die Holländer ein Geschäft abwickelten. Am nächsten Tag war klar, worum es ging: Sie hatten ein großes Bündel fermentierter Tabakblätter erstanden. Die werden in Marokko sehr fein gehackt und dann zu gleichen Teilen mit Marihuanablättern gemischt. Das Ergebnis nennt sich Kiff, und wird als milde Entspannungsdroge überall geraucht.

Am Tag der Abreise stiegen wir alle wieder in den Bus, wollten gerade losfahren, da stoppte ein Polizeiwagen neben uns und gab uns zu verstehen, dass wir dem Wagen folgen sollten. Wir fuhren durch den halben Ort, bis wir durch ein großes Tor auf einen Innenhof einbogen. Wie aus dem Nichts, waren wir plötzlich von ca. 30 Polizisten mit Gewehren im Anschlag umzingelt.

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© Peter Rump - Tankstop unterwegs
Tankstop unterwegs

Ganz offensichtlich handelte es sich um die örtliche Polizeikaserne. Wir mussten aussteigen, wurden durchsucht und dann in drei Einzelzellen im Keller des Hauses untergebracht. Die Tür fiel ins Schloss, Stille. Es gab ein Hock-Klo, eine Matratze und einen etwa 20 cm hohen Fensterschlitz zur Straße. Irgendwann tat sich etwas am Fenster. Von draußen wurde mir Essen hereingereicht. Das kam von den Frauen der Gastfamilie, die wohl informiert worden waren und sich nun für unsere Verpflegung zuständig fühlten. Danke dafür. Später öffnete sich die Zellentür und ein Wärter schmiss mir ein kleines Päckchen mit Kiff mit den Worten vor die Füße: „Damit sich deine Stimmung bessert.“ Kiff-Rauchen sei schließlich nicht verboten. Mir fiel ein Stein vom Herzen, hatte ich mich doch schon am Galgen gesehen.

Nachts versuchte ich zu ergründen, was man von uns wollte, mir fiel nichts ein. Früh am nächsten Morgen wurde ich geweckt und in einen Verhörraum gebracht. Die Verständigung war mühselig. Vom Französischen ins Englische und dann auf deutsch. Man habe nicht vor, mich zu Foltern, meinte der Kommissar amüsiert, er müsse mir aber mitteilen, dass der Erwerb von fermentierten Tabakblättern als Steuerhinterziehung gelte. Und in unserem Fiat wurden sehr viele Tabakblätter sichergestellt. Ich versuchte zu erklären, dass ich damit nichts zu tun hatte, sondern zur fraglichen Zeit fest geschlafen hatte. Das nahm man zu Protokoll und brachte mich zurück in meine Zelle. Eine weitere Nacht stand mir bevor, immerhin bekam ich wieder vorzügliches Essen durchs Fenster gereicht und konnte mir ein Zigarettchen zum Einschlafen gönnen.

Am nächsten Morgen musste ich wieder zum Verhör. Ich erfuhr, dass meine beiden Freunde meine Aussage bestätigt hatten. Mir wurde ein Brief überreicht und man teilte mir mit, dass die beiden so lange eingesperrt blieben, bis sie ihre „Strafe“ von 6000 DM bezahlt hätten. Deshalb sollte ich den Brief an ihre Eltern schicken, sobald ich wieder in Deutschland sei.  Man gehe davon aus, dass sie schon zahlen würden.

Kurze Zeit später stand ich auf der Straße und machte mich auf die Suche nach eine Mitfahrgelegenheit Richtung Heimat. Viel Zeit hatte ich nun nicht, immerhin hing es jetzt von mir ab, wie lange die beiden im Knast schmachten mussten.

Ich schaffte den Weg in 9 Tagen und konnte den Brief abschicken. Leider habe ich von den Niederländern nie wieder etwas gehört.

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