»Besser mit Klugen in die Hölle,
als mit Narren ins Paradies.«
Bulgarisches Sprichwort
Bulgarien
Republika Bălgarija
Republik Bulgarien
Das Land in Zahlen
Einwohnerzahl
7 305 000 (99)
Bevölkerungsdichte
66 pro km²
Fläche
110 994 km² (Weltrang 102)
Hauptstadt
Sofija (Sofia)
Staatsform
Parlamentarische Republik
Hauptsprachen
Bulgarisch
Währung
Lew (Lw)
Nationalfeiertag
03.03.
Internationale Ankünfte/Touristen
6 328 000
Flugdauer
1388,75 km ≈ 2 Std.
Entfernung über Land
1726 km
Pilzarten
4 900
Heilkräuterarten
760
Höchster Berg
Musala 2925 m
Sonnenblumenkerne Export (1)
753 821 434 kg
Rosenöl
1 kg ≈ 5000 Euro
Rosenölherstellung (2)
ca. 2,5 to pro Jahr
Berühmter Künstler
Christo (Verpackungskünstler)
Dies und Das
Natur:
Am Übergang von Mittel- zu Osteuropa gelegen, besitzt Bulgarien mit über 3600 höheren Arten eine Flora, die sich sowohl aus Pflanzen des zentral- und osteuropäischen (Steppenbewuchs) als auch des mediterranen Raumes zusammensetzt und in ihrer Vielfalt die Pflanzenwelt der mitteleuropäischen Staaten bei Weitem übertrifft. Noch vor wenigen Jahrhunderten standen in ganz Bulgarien dichte Wälder; Raubbau in der Zeit der Türken und danach sowie im Kommunismus haben davon 75 % zerstört. Besonders die Osmanen haben für die Herstellung von Holzkohle ganze Landstriche abgeholzt. Ihnen folgte die Holzindustrie, welche die verbliebenen Wälder natürlichen Urspungs dezimierte und nur teilweise durch Wiederaufforstung ersetzte.
Doch vornehmlich in den Gebirgsregionen sind die natürlichen Hochwälder erhalten, sie bedecken heute etwa 15 % der Landesfläche.
weiter
Im Thrakischen Tiefland Landwirtschaft mit Obst-, Gemüse und Getreideanbau betrieben, auch Baumwolle und Tabakpflanzen werden kultiviert.
Der Subtropische Vegetationsgürtel der Schwarzmeerküste zeigt sich in nicht exponierten Bereichen, vornehmlich den Flussmündungen, in reichem und prächtigem Grün, urwaldartig mit hohen Bäumen, Lianen und anderen Rankpflanzen auf feuchtem Sumpfboden. Fast Mangrovencharakter haben diese Longos-Wälder genannten Vegetationsinseln der Küste, und sie sind großteils wegen ihres einzigartigen Bewuchses und wegen der Tiere, die darin leben, als Naturparks geschützt.
Die Bulgaren sind Menschen, die sich gerne in der Natur aufhalten, und jedes Wochenende fährt man mit Sack und Pack hinaus in die Wälder, hält ein Picknick ab und geht sammeln. Heilkräuter (siehe gleichnamiger Exkurs) stehen auf der Liste, und natürlich Pilze. Jeder weiß einen geheimen Platz, wo die besten und meisten Pilze wachsen, und noch am gleichen Tag wird die Ernte zu einem leckeren Abendgericht verarbeitet. 4900
Pilzarten sind in Bulgarien katalogisiert worden. Und auf dem Weg nach Hause wird fürs Frühstück noch am Straßenrand ein Glas Honig aus Wildblüten gekauft. Die Natur Bulgariens gilt abseits der industriellen Zentren eben noch als gänzlich unversehrt und sauber, ihre Pflanzen als unbelastet durch Schwermetalle, Pestizide und Dünger.
Tiere
Die Fauna des Landes besteht aus immerhin etwa 29.000 Arten. Auch in Mitteleuropa heimische Arten konzentrieren sich dabei in den Regionen nördlich des Balkan-Gebirges und im Gebirge selbst, im Osten des Landes ist die Tierwelt der Steppe zu finden, Mittelmeerarten leben im Süden. Im Gebirge schleichen Dachs, Iltis, Wildkatze und Fuchs – und auch Wölfe und vereinzelt noch Braunbären (insgesamt etwa 700) haben dort ein Rückzugsgebiet gefunden. Wild bevölkert sind auch die Wälder: Hirsch, Reh und Wildschwein, dazu kommen Schakal und Marder.
Die Vogelwelt Bulgariens (insgesamt nisten 252 Arten) ist in ihrer Vielfältigkeit einzigartig, doch immer nur saisonal zu
weiterbewundern. Die Via Pontica – eine der Hauptflugrouten der Zugvögel – und die Via Mediterranea führen über das Land, an den Seen wie Srebărna und den küstennahen Marschgebieten liegen ihre Brut- und Rastgebiete.
Ist das Kräutersammeln ein Nationalsport, das Angeln steht ihm in nichts nach, und der Tisch ist mit den Fischen des Süß- und Salzwassers reich gedeckt. Im Schwarzen Meer und seinen Lagunen schwimmen Meeräsche, Makrele, Stöcker, Blau- und Thunfisch. Auch die Gebirgsbäche und -flüsse und ihre aufgestauten
Bereiche sind reich an Fischen, darunter Saibling, Forelle, Barbe, Eitel, Zander, Hecht, Wels und Karpfen. In der
Donau gibt es Störe (sie dürfen nicht geangelt werden).
Essen
Die typischste Vorspeise im Land ist der Šopska-Salat, der mit 100 g Rakija (ein Schnaps aus Trauben wie Trester oder auch Pflaumen) auf den Tisch kommt, auf nüchternen Magen eine Kombination, die jeden Holzfäller ins Wanken bringt. Doch ist damit schon viel erklärt. Bulgaren sehen Essen nicht nur als Nahrungsaufnahme, für sie ist es ein Ereignis, das man am besten mit der Familie und im Freundeskreis begeht, je größer die Gruppe dabei, desto schöner und ausgelassener wird es. Man speist nicht, man tafelt, und der Tisch sollte sich unter der Last der Gerichte biegen. Hier einige beispielhafte Gerichte:
weiterŠopska-Salat: Tomaten, Paprika, Gurken, Zwiebeln, Petersilie, geriebener Weißkäse aus Schafsmilch
Weiße Salat (Miečna Salat): Gurke, Quark, Walnusskernen, Knoblauch, Dill.
Gjuveč: ist ein Eintopf aus Fleisch und Gemüse, zuweilen auch vegetarisch zubereitet.
Kebap (Gorski Kebap) wird im Ofen gebacken, es kann als mit Lamm, Lauch, Petersilie, Bohnenkraut, Minze,
Weißwein und Butter
Baklava: Blätterteiggebilde aus Schichten von Nüssen, Mohn und Rahm, voll gesogen mit Honig oder Zuckerwasser
Palačinka, süß gefüllte Pfannkuchen (Honig, Schokolade)
Reisezeit
Wer einen Badeurlaub am Meer verbringen will, sollte ab Juni nach Bulgarien reisen, bis Anfang Oktober kann
man relativ sicher sein, dass das Meer noch angenehme Temperaturen hat. Wer nicht unbedingt aufs Baden versessen ist, sondern sich auch mit dem sattgrünen Frühling zufrieden gibt, fährt ab April an die Küste. Auch der Herbst eignet sich gut für einen geruhsamen Urlaub an der Küste, unterbrochen von Ausflügen ins Landesinnere.
Wer Bulgarien jenseits der Küstenregionen entdecken will, sollte die schneereichen Monate Januar und Februar meiden, wenn die Pässe über den Balkan tief verschneit und daher für den Verkehr gesperrt und wenn auch die Ebenen schneebedeckt sind. Der Frühling ab dem Monat März verleiht dem Land aber bunte Farben, die Natur zeigt sich frisch und grün, die Luft ist klar, die Temperaturen sind schon angenehm für Wanderungen und die Ausflugsziele nicht überlaufen.
weiterDann ist die beste Zeit für einen Besuch der Kultur- und Naturdenkmäler. Im Sommer, besonders in den Monaten Juli und August, kann es sowohl nördlich als auch südlich des Balkans drückend heiß sein, und jeder Schritt ist dann beschwerlich – Zeit für die Küste. September und Oktober eignen sich wieder hervorragend für Fahrten durchs Land, wenn man auch der Natur ansieht, dass wieder einmal ein trockener Sommer hinter ihr liegt. Doch bald färben sich die Blätter der Bäume in allen nur erdenklichen Herbst tönen und machen besonders einen Aufenthalt an und in den Gebirgen reizvoll.
Religion
76 % Orthodoxe, 12 % religionslos oder ohne Angabe, 10 % Muslime, 1 % Protestanten
Tipps
Da/ne – Ja/nein
Blagodarjá/mólja – danke/bitte
Dobré – gut
Dobré útro – Guten Morgen
Dóber den! – Guten Tag
Dóber wétscher! – Guten Abend
Dowíshdane! – Auf Wiedersehen!
Proschtáwajte! – Verzeihen Sie!
As ne rasbíram. – Ich verstehe nicht.
Íma li …? – Gibt es ….?
Ímate li …? – Haben sie ….?
Kauderwelsch Bulgarisch Wort für Wort Band 51
Gestik: Es ist gewöhnungsbedürftig, dass in Bulgarien die Verneinung (ne) mit einem Kopfnicken bekräftigt, die Bejahung (da) mit einem Kopfschütteln kundgetan wird. Das Kopfnicken des Verneinens kann auch mit einer leicht schräg nach unten geführten Kopfbewegung ausgeführt werden.
Umgangsformen: Bei Begrüßung und Abschied küssen sich Freunde und nähere Bekannte auf beide Wangen bzw. deuten dies an. Der Handschlag hat nicht den Stellenwert wie in Mitteleuropa.
Eingeladen: Wird man nach Hause eingeladen, bringt man der Dame des Hauses am besten Blumenmit. Man sollte aber darauf achten, dass sie sich zu einer ungeraden Anzahl summieren. Eine gerade Anzahl Blumen ist für Begräbnisse vorgesehen.
Trinken: Trinkt man gemeinsam oder nimmt man an einem Abendessen teil, prostet man sich zu („Na zdrave“) und lässt die Gläser klingen, wobei man seinem Gegenüber in die Augen schaut. Jedesmal, wenn eine neue Runde auf den Tisch kommt, ist dieses Ritual zu wiederholen.
Kleiderordnung: Die Kleiderordnung ist generell leger, wobei sich Frauen und Männer stark unterscheiden.
Viele Frauen pflegen eine Freizeitkleidung nach dem letzten Schrei der Mode, junge Frauen dabei äußerst knapp bekleidet, mit auf den Körper genähten Hosen oder Miniröcken. Männer hingegen fühlen sich außer halb der Arbeit (und teils auch währenddessen) oft in Trainingsanzügen („Fallschirmseide“) am wohlsten.
760 Arten von Heilkräutern wachsen auf bulgarischem Boden, die jährliche Ernte summiert sich auf 17.000 Tonnen, 80 % davon werden exportiert, vornehmlich nach Deutschland. Bulgarien ist damit der größte Exporteur für Heilkräuter in Europa geworden.
Über 50 % des Ertrages werden aber nicht landwirtschaftlich-industriell kultiviert; die Menschen sehen es als Freizeit- und Nebenbeschäftigung, hinaus in die Natur zu gehen und die Kräuter zu sammeln, und für einkommensschwache Schichten ist es sogar der einzige Broterwerb. Immerhin 200.000 Bulgarinnen und Bulgaren verdienen sich heute damit ein Zubrot oder den Lebensunterhalt. Ihre Körbe leeren sie bei lizenzierten Aufkaufstellen, wo die Kräuter geprüft und klassifiziert werden. Das Kräutersammeln ist streng überwacht, schließlich sind fast ein Viertel giftig, 10 % stehen unter Naturschutz, und der Staat möchte auch etwas verdienen; so muss jeder Sammler eine Steuer entrichten.
Neben den Standardpflanzen wie Baldrian, Brennnessel, Hagebutte, Hirtentäschel, Huflattich, Johanniskraut, Kamille, Lindenblüte, Minze, Origanum, Ringelblume, Schachtelhalm, Schafgarbe, Spitzwegerich, Thymian und Weißdorn gibt es auch exotischere Kräuter wie den Mursalski-Tee, der nur nahe der Rodopen-Stadt Trigrad gedeiht und dem man Immunstärkung und eine aphrodisierende Wirkung nachsagt.
Alle Texte aus dem Reiseführer Bulgarien von Friedrich Köthe und Daniela Schetar; Kauderwelsch Bulgarisch Wort für Wort Band 51
Titelfoto: Friedrich Köthe